„Wir sollten nicht immer erst löschen, wenn es brennt, sondern vorher agieren!“

Er ist ein Strippenzieher im in internationalen Spitzen-Pferdesport, mischt überall mit, ob als international hoch erfolgreicher Reiter, Landestrainer, als Ausbilder für Pferde und Reiter, Turnierveranstalter, Pferdehändler, Berater und Manager – Holger Hetzel gehört mit seinem Trainingszentrum in Goch am Niederrhein zur einer der ersten Adressen im internationalen Pferdesport. In dieser Saison hat er erstmals als Sponsor auch Deutschlands U25 Springpokal der Stiftung Deutscher Spitzensport übernommen. spring-reiter.de hat mit dem 64-Jährigen über sein Engagement in der Nachwuchsförderung gesprochen, über ein nötiges Umdenken und Transparenz im Reitsport, über Olympia in Paris und er hat uns verraten, warum sein Betriebswirtschaftsstudium das Tor zu seinem Erfolg war und bis heute ist. 

Deutschlands U25 Springpokal der Stiftung Deutscher Pferdesport

 „Als ich angesprochen wurde, ob ich den U25 Springpokal als Sponsor übernehmen möchte, habe ich einen kleinen Moment drüber nachgedacht, ob das was für uns ist. Wir waren schnell der Meinung, dass diese Serie zur Nachwuchsförderung in unser Gesamt-Konzept gut passt. Wir haben in unserem Betrieb verschiedene Schwerpunkte. Aber von Anfang an war die Ausbildung von Reiter und Pferd immer eine feste Säule in meinem Betrieb. Das hat angefangen mit einer normalen Trainerfunktion und seit über 25 Jahren bin ich Landestrainer im Rheinland. Die Ausbildung von jungen Leuten liegt mir am Herzen und mir macht das einfach Spaß, junge Reiter auszubilden, zu sehen, wie die sich entwickeln und wie sie weiterkommen“, beschreibt Holger Hetzel seine Beweggründe. 

Holger Hetzel geht es auf dem Weg zum Erfolg nicht nur ums Reiten, sondern um ein ganzheitliches Konzept. „Ich lege großen Wert auf das Management, das Betreuen von einem jugendlichen Reiter in der Entwicklungsphase, das liegt mir total am Herzen und das wird auch zu wenig beachtet. Wenn die Nachwuchstalente aus einem Stall kommen, wo die Eltern Profis sind, dann sind die erfolgreich und gut. Aber wenn die Jugendlichen aus einem Familie stammen, wo die Eltern nicht aus dem Sport kommen, dann brauchen sie, um überhaupt mitmachen zu können, Profis in ihrem Umfeld. Und das machen wir. Und daher ist der U25 Springpokal auch für unseren Betrieb eine gute Werbung“, bringt es Holger Hetzel, der selbst in über 35 Nationenpreisen für Team-Deutschland an den Start ging, auf den Punkt.  

Generell sei die Nachwuchsförderung in Deutschlang sehr gut, findet Hetzel. „Wir haben so viele Serien, die alle auch gut aufeinander abgestimmt sind. Ich finde gerade den U25 Springpokal so wichtig, weil dieser das Bindeglied ist zwischen dem Junioren- und Junge Reiter-Sport und dem Senioren-Sport. Wir erleben immer wieder, dass die, die sehr erfolgreich im Junioren- und Junge Reiter-Alter ritten, danach den Anschluss verlieren“, erklärt Holger Hetzel. Der U25 Springpokal soll und kann diese Lücke schließen. „Deshalb glaube ich, dass die, die im U25 Bereich gut sind, später auch eine reelle Chance haben, bei den Senioren mitzureiten.“

Dabei wird den U25 Reitern und Reiterinnen schon ziemlich viel abverlangt auf dem Weg ins Finale zur Königklasse beim CHIO Aachen. „Die Final-Prüfungen sind richtig schwer. Wenn einer da gut rüber reitet, kommt der auch schon über einen 3-Sterne-Grand Prix. Das merkt man auch bei der Nominierung von Nationenpreisen, die Bundestrainer nehmen sich auch schon mal von den guten U25 Reitern welche mit, die dann zu Nationenpreisen als fünftes Team-Mitglied mitgehen. Als Bindeglied zwischen dem einen und anderen ist das, glaube ich, perfekt“, findet Hetzel. 

Er hat beim U25 Springpokal einen Drei-Jahresvertrag unterschrieben: „Wenn alles gut läuft, möchte ich das auch gerne länger machen.“

Team-Building bei den Iron Dames

Ganz anders ist sein Engagement für das neue Damen-Team der Global Champions League, den Cannes Stars powered by Iron Dames. Auch da mischt Holger Hetzel mit: „Ich habe für die Iron Dames das Team zusammengestellt. Als es hieß, wir brauchen jetzt erst mal sechs Reiterinnen, da habe ich die Vorschläge gemacht. Bei der Auswahl war natürlich wichtig zu gucken, dass die Reiterinnen auch über die entsprechenden Pferde verfügen, um dort erfolgreich zu sein. Das war die erste Aufgabe“, erzählt Holger Hetzel.

Als nächstes soll er weiter passende Grand Prix Pferde für die Reiterinnen finden. „Die Idee der Eigentümerin der Iron Dames, Deborah Mayer, ist es, dass die Reiterinnen in der Zukunft irgendwann alle ihre Pferde reiten. Es wurden dafür auch schon jüngere Pferde und zwei Grand Prix Pferde gekauft. Das erste war Iron Dames Singclair von Sophie Hinners. Wir wollen damit zeigen, dass wir mit GP Pferden sofort durchstarten wollen“, erklärt Hetzel, dessen Tochter Laura als U25-Reiterin ebenfalls mit im Team der Iron Dames ist. 

Bei allen 16 Etappen der Global Champions Tour will und kann er allerdings nicht dabei sein. Er hat in Goch ein großes Unternehmen zu leiten. „Jedes Wochenende durch die ganze Welt reisen, das kostet einfach zu viel. Wir bleiben bei dem, was wir gut können. Und wollen natürlich auch in dem Sport sein, weil der Sport unsere Bühne ist“, bringt es Holger Hetzel auf den Punkt. 

Reitsport und Betriebswirtschaft – a perfect match

Holger Hetzel ist bodenständig aufgewachsen. Er stammt nicht aus einer Reiter-Familie und hatte auch keine reichen Eltern im Springsport. 

„Nein, gar nicht. Meine Eltern sind nur ganz wenig ländlich geritten. Die haben mit Turniersport nichts zu tun gehabt. Mein Onkel hatte einen landwirtschaftlichen Betrieb, dort bin ich an die ländliche Reiterei gekommen. Das hat mit Spaß gemacht“, erinnert sich Hetzel, der nach dem Abitur eine zweijährige Lehre zum Pferdewirt absolvierte und anschließend BWL studierte. 

 „Meine Eltern haben mir immer gesagt, lerne etwas Vernünftiges. Sie hatten Recht, das Studium kommt mir heute total zu Gute. Zahlen und Betriebswirtschaft, das hat mich schon in der Schule interessiert und mir hat das Studium dann auch wirklich Spaß gemacht“, erinnert sich der Betriebswirt, der aus dem Bauernhof seiner Großeltern einen exklusiven Pferdebetrieb machte. Sein erstes Pferd kaufte er für 8.500 D-Mark, verkaufte es später mit Gewinn. Und dann kam das nächste und es ging so weiter…

„Ich bin heute 64 und vor 40 Jahren war der Reitsport ja nicht das, was er heute ist. Auch die Ställe wurden früher nicht so professionell geführt, waren betriebswirtschaftlich nicht vernünftig aufgestellt. Und ich hatte schon gleich am Anfang gedacht, was kannst du aus der Betriebswirtschaft für den Reitsport übernehmen. Wie kannst du Betriebswirtschaft im Reitsport anwenden. Dadurch sind ganz viele Ideen entstanden. Heute habe ich das immer noch. Ich sehe mir andere Unternehmen an, die nichts mit Reitsport zu tun haben, um zu gucken, was übertragbar ist. Nach dem Studium habe ich dann angefangen, mich selbstständig zu machen. Ich habe versucht, meinen Betrieb auf verschiedene Säulen aufzubauen. Heute kann ich sagen, das ist mir ganz gut gelungen. Ich hatte nie einen Sponsor. Ich habe das Geld immer selber verdient. Natürlich musste ich auf dem Weg dahin auch immer Pferde verkaufen. Wenn ich mehrere Pferde hatte, bin ich auch mal mehr geritten, wenn ich Pferde verkaufte, bin ich halt weniger geritten“, erinnert sich Hetzel.

Auch das Image des Pferdesports hat sich seit seinen Anfängen bis heute erheblich verändert.  

„Ich glaube, dass die Reiter durch die Bank, gerade auch im Profi-Bereich, gut mit ihren Pferden umgehen. Weil die Pferde auch ihr Kapital sind. Heutzutage wird ein Pferd viel besser behandelt als so mancher Mensch. Ich vergleiche das immer so ein bisschen mit dem Autofahren. Nicht jeder, der zu schnell fährt, ist ein Rowdy oder ein schlechter Mensch. Es gibt sicherlich auch Reiter, die es übertreiben und die es nicht gut machen. Aber deshalb sind nicht alle gleich schlechte Menschen. Die Öffentlichkeit, die FN, alle werden immer nur hektisch, wenn irgendetwas irgendwo passiert ist und machen diesen Wirbel mit. Aber es wird total versäumt im Vorfeld einfach mal der Öffentlichkeit zu zeigen, wie gut die Pferde es eigentlich haben. Wir sollten nicht immer erst löschen, wenn es brennt, sondern vorher agieren“, findet Holger Hetzel.

Dafür könne man auch Social Media intelligent für sich nutzen, fügt er an. 

„Ich war lange auch kein Freund von Social Media. Ich komme nicht aus dem Zeitalter. Aber ich habe mich damit beschäftigt, man muss sich auch der Entwicklung im Leben anpassen. Man kann nicht sagen, was vor 30 Jahren gut war, ist jetzt auch noch gut. Dinge verändern sich. Heute hat jeder durch Instagram und andere Social-Media-Kanäle doch auch die Möglichkeit, alles zu zeigen und zu präsentieren. Das ist doch auch eine Plattform, auf der man transportieren kann, wie gut es den Pferden geht, was wir alles für das Wohl der Pferde tun. Das ist ganz wichtig.“

Ein Leben ohne Pferde, für Holger Hetzel „fast nicht denkbar!“ Zwei Wochen Auszeit gönnt er sich jedes Jahr. Dann geht es immer nach Miami. Natürlich verbindet er auch den Urlaub mit Turnier-Besuchen und Kundenpflege. Er kann nicht anders. 

Olympia: „Ich wüsste, wer zu meinem erweiterten Kreis gehört.“

Und welches Springreiter-Team würde er nach Paris schicken? 

Holger Hetzel lacht: „Die Frage beantworte ich nicht. Sonst würde ich mir böses Blut beim Bundestrainer einhandeln oder bei den Reitern. Ich wüsste, wer zu meinem erweiterten Kreis gehört. Aber in der Regel war es immer so, dass wir am Ende froh waren, wenn wir dann vier Leute hatten. Jetzt sind es ja nur noch drei plus eins, weil ja nur noch drei Paare reiten dürfen. Wir sind gut besetzt. Wir haben ja sieben bis acht auf dem Zettel, die das sein könnten. Der Bundestrainer hat dieses Mal eine schwierige Aufgabe, aber er kennt seine Reiter gut und kann die Pferde richtig einschätzen. Ich denke, in diesem Jahr mit nur noch drei Startern pro Team ist ein starker Reiter, der seine Nerven im Griff hat, extrem wichtig. Am Ende wird es sicher eine ganz knappe Entscheidung.“

Seine eigene Karriere im Turnier-Sattel will der zweifache Deutsche Vize-Meister so langsam beenden. „Ich hatte zwei Augen-Operationen. Rechts habe ich nichts mehr gesehen, ich hatte eine Netzhaut-Ablösung. Heute kann ich wieder alles sehen, aber anfänglich hatte ich große Probleme mit den Distanzen, weil die Augen sich wieder neu aufeinander einstellen mussten. Jetzt ist es zwar wieder besser, aber das ist jetzt vielleicht doch auch das Ende von meiner aktiven Turnier-Karriere. Ich reite zu Hause noch, mir macht es Spaß, Pferde auszubilden und junge Pferde zu reiten oder die Pferde meiner Tochter. Nur eben nicht mehr auf einem Turnier.“  Treffen wird man Holger Hetzel sicher trotzdem weiter auf vielen Turnieren – als Trainer, Manager, Berater und Strippenzieher. 

 

Text und Interview: Corinna Philipps

Holger